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Dienstag, 18. Januar 2011

Kambodscha: Von Phnom Penh bis Kampot

Irgendwie hatten wir uns Phnom Penh etwas anders vorgestellt: dreckig und verarmt. Man kann jetzt zwar auch nicht gerade das komplette Gegenteil behaupten, aber aus der einstigen Ghost City ist eine lebendige Großstadt geworden, in denen Tuk-Tuks neben Motorbikes als Transportmittel Nummer eins gelten.
Kambodschas Hauptstadt lockt immer mehr Touristen an. Die fünf Sterne der Luxushotels erhellen den hübschen Boulevard am Fluss; unglaublich viele Flaggen der Welt wedeln im Wind. Mitten drin auch die der UNO. Denn mittlerweile herrscht hier Frieden.
Nach den Jahren des furchtbaren Khmer Rouge (1975 bis 1979) erholt sich Kambodscha – auch wenn die Narben sichtbar bleiben. Über zwei Millionen Menschen hat das Regime ermordet; Familien zerstört, Kinder verwaist zurück gelassen und seine ganze intellektuelle Elite ausgelöscht. Kambodscha sollte ein Bauernstaat werden. Dazu wurden Menschen aufs Land getrieben und zum Arbeiten gezwungen. Wer nicht wollte oder konnte, wurde auf den vielen Killing Fields erschossen oder in Gefängnissen zu Tode gequält. Phnom Penh existierte nur noch auf der Landkarte. Viele Bewohner mussten gehen. Nach all den Jahren des Leids herrscht nun wieder mehr Aufwind.
Mehrgeschossige Malls sprießen aus dem Boden, westliche Werbeplakate ragen bis in den Himmel und die Kids sind außerordentlich aufwendig gestylt. Basecaps gehören zur Grundausstattung, die Haare gefärbt und frisiert (das gilt insbesondere für die Jungs). Unglaublich stilsicher präsentiert sich die neue Generation Kambodschas. Sie wollen nichts mehr wissen von den Leiden ihrer Eltern und Großeltern. Sie wollen vergessen und lieber konsumieren wie westliche Jugendliche auch: Fastfood, Klamotten, Beautyprodukte…
In den vergangenen Jahren floss viel ausländisches Kapital nach Kambodscha, was nicht zuletzt dazu führte, dass der US-Dollar die zweite offizielle Währung geworden ist. 

Also stehen wir vorm Geldautomaten und wollen den einheimischen Riel abheben, bekommen allerdings nur US-Dollar. Aha beziehungsweise hä? Unser Tuk-Tuk Fahrer klärt uns auf: Die Preise sind fast ausschließlich in Dollar ausgeschrieben. Erst wenn bezahlt wird, gibt es eine Mischung aus Dollar und Riel zurück. Mittlerweile sind wir Mathe-Genies!

Leider landen nicht immer alle westlichen Hilfen in den richtigen Händen. Korruption wird hier ganz groß geschrieben (über 50 Prozent). Ganz vorne dabei ist natürlich die Partei. Freie Wahlen sind relativ. Wer ausschert und demonstriert, wird stumm gemacht, wie uns unser Tuk-Tuk-Fahrer bei Bier und Reis erzählt. Er selbst sah einen guten Freund bei einer Demonstration gegen die politischen Machthaber sterben – erschossen von der Regierung und gerade einmal sieben Jahre her. Was sich seit dem geändert hat? „Nicht viel. Deshalb habe ich bei der Polizei aufgehört und fahre heute Tuk-Tuk“, sagt er, „denn da bin ich frei und ich muss nicht korrupt sein“. Zum Leben reicht es allemal für ihn, seiner Frau und seinen zwei Kindern. 
Unser Mr. Tuk-Tuk wird gerne von Reisenden gebucht, denn Englisch spricht er gut und verständlich. Englisch ist auch hier – ähnlich wie in Vietnam – die Zukunft und ein Türöffner in den Westen. Was lehrt er also seinen Kindern? „Be happy but educate yourselves.
Bokor-Nationalpark

Relaxen in Kampot
 
Kambodschas Menschen sind überaus freundlich und hilfsbereit. Fast unglaublich bei all dem, was doch viele durchgemacht haben. Kinder, kaum laufen könnend, winken und schreien lachend „hello“. Mehr wissen sie meistens nicht. Manchmal fragen sie noch nach dem Namen. Fragen wir zurück, gibt`s nur große Augen. Wir lächeln und winken also einfach wieder…

Ausländer sind gerne gesehen – und nicht immer wegen ihrer Dollar. Sicher wird viel gebettelt, denn die Armut ist immer noch groß. Vor allem auf dem Land leben die meisten in ihren Stelzenhäusern aus Holz (wir haben es auch schon ausprobiert...). Doch auch dort verlieren sie nie ihr Lachen. Viel zu viele sind in den vergangenen Jahren Opfer von Landminen geworden. Die kleine Rente reicht zwar zum Überleben, aber nicht zum Leben. Jetzt müssen sie betteln. Die einen geben ihnen etwas, die anderen schauen weg und ignorieren sie. So, als ob man einfach durch sie hindurchschaut. Wir auch zu oft. Leider.
kambodschanische Werbung für Fertigsuppen
Jetzt oder nie! Wir haben viel zu lange gewartet. Vielleicht schien uns Vietnam auch einfach zu chaotisch. In Kampot haben wir unsere innere Ruhe gefunden – und wahrscheinlich auch unseren Mut. Wir sind Motorbike gefahren! Alleine. Es ist ja auch nicht schwer: bremsen und Gas geben. Endlich selbst den Wind im Gesicht spüren, selbst bestimmen, wann es schneller wird und eben selbst ein bisschen dazu gehören.
Vergessen wir mal alle Sicherheitsvorschriften. Unseren Führerschein will niemand sehen. Es gibt nur einen Helm. Einen Helm, der überhaupt nichts bringt und wohl maximal unsere Frisur zerstört. Ab Einbruch der Dunkelheit gibt es dann sowieso keine Helmpflicht mehr. Und auch Licht muss nicht sein. Also bin ich den ganzen Weg ohne ein funktionierendes vorderes Licht gefahren und habe mich immer in den Windschatten der anderen gemogelt.
Es geht raus auf’s Land. Schmale, holprige, von rotem Sand gesäte Straßen mit riesigen Schlaglöchern bringen uns zu einer Höhle, in deren Inneren sich ein Tempel befindet. Stockduster ist es dort und auch die spitzen Felsen sind nicht leicht zu überwinden! Aber dank unserer tüchtigen Kinder-Guides sind wir heil wieder raus gekommen. Weiter ging es zu einer Familie, die seit Jahrzehnten Palmenwein herstellt. Wir haben alles genossen – wenn da nicht Andrea's Sturz gewesen wäre… Jetzt humpelt sie und wir haben die medizinische Versorgung Kambodschas kennen gelernt (die Wunde wurde auf einem Tisch vor einer Apotheke mal eben genäht).
Ein Tempel in einer Höhle
So schwer ist das gar nicht
Cheers to everybody

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