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Mittwoch, 29. Dezember 2010

Same Same But Different - das Hochland um Da Lat


Elefanten-Wasserfälle
Langsam lege ich mich mit in die Kurve. Ich vertraue Michael. Er scheint sicher. Trotzdem bleiben meine Hände weiterhin fest am hinteren Ende des Sattels kleben. Michael ist Vietnamese und heißt eigentlich Lu Lu. Seit zehn Jahren zeigt er Touristen sein Vietnam – auf dem Motorrad. 
An jeder Ecke lauern sie – Fahrer von Motorbikes. Es nervt. Ich will mir einfach nur zu Fuß die Stadt anschauen. Ja, zu Fuß. Was ist daran so schwer zu verstehen? „Motorbike, Motorbike?“ – „No, thanks.“ Immer das gleiche Spiel. Aber diesmal lasse ich mich auf ein längeres Gespräch ein. Die Easy Riders bieten Motorrad, Landeskenntnisse und Spaß für 25 USD. Nicht ganz billig für einen Tagestrip rund um Da Lat, dem zentralen Hochland. Dafür geht`s raus auf`s Land zu Bauern, Webern und Floristen sowie zu Kaffeeplantagen, Wasserfällen und Pagoden. 

Ich kenne den Geruch frischer Tannenzapfen. Ich kenne das Bild von Nadelbäumen. Es sieht aus wie in Deutschland. Aber: „Same same but different“, sagt Michael. Stimmt. 

Da Lat zeichnet sich besonders durch sein mildes Klima aus. Tagsüber angenehm warm, nachts erfrischend kühl. Etwa 55 Prozent der Einwohner sind Bauern. Mehrere Kohlsorten, Zwiebeln, Karotten oder Kartoffeln sind beliebte Gemüsearten, die angebaut werden. Kein Reis. Den gibt es hier nicht. Aber zu Hauf im ganzen Land. 
Sogar Erdbeeren und Blumen sind in der Region einmalig. Mit Rosen oder Gerbera lässt sich zwar nicht viel Geld verdienen, doch zum Leben reicht es allemal. Zum Muttertag oder Lehrertag klingelt die Kasse bei den Floristen. Wer am Muttertag eine Pagode betritt, trägt entweder eine weiße oder rote Rose. Die rote deutet auf noch lebende Eltern hin, die weiße verweist auf bereits Verstorbene. Beim Lehrertag verschenken viele Schüler Rosen an ihre Lieblingslehrer. Wie viele davon an diesem Tag verkauft werden, bleibt offen…

Nach sieben Monaten kann gerntet werden
In den vergangenen Jahrzehnten kamen viele Vietnamesen aus Hanoi in die Berge und errichteten Kaffeeplantagen. Vietnamesischer Kaffee wird exportiert – auch nach Deutschland. Der Rest bleibt im eigenen Land, denn seit die französischen Kolonialherren die Bohne nach Asien brachten, ist sie auch hier sehr beliebt. Und Kaffeeplantagenbesitzer geht es besser als jedem einfachen Bauern. Geerntet werden die braunen Bohnen im Dezember. Erst gepflückt, dann sorgfältig auf dem Boden in der Sonne getrocknet.

Schools out
Der Drache - eines der vier heiligen Zeichen Vietnams
Im Familienbetrieb wird seit Jahrzehnten Seide hergestellt
nackige Raupen
In einem Familienbetrieb wird noch immer Seide gewoben. Die Geräte brummen, der riesige Webstuhl arbeitet zügig, auch wenn er verbraucht und rostig aussieht. Die zarten Vietnamesinnen sind fleißig. Der Betrieb läuft. Zu allererst wird die Raupe nackig gemacht – denn für die Seidengewinnung zählt nur ihr kostbar gesponnener Kokon. Und (m)ein Seidenkleid gibt es am Ende für sieben Euro…
Easy Rider Michael und ich
Ja, ich habe einen Eindruck von seinem Vietnam bekommen. Wenn auch touristisch angehaucht kennt Michael schöne Orte. Und ich klebe immer noch fest im Sattel.

Dienstag, 28. Dezember 2010

Die südliche Zentralküste: Nha Trang und Mui Ne

Merry Christmas aus dem Sailing Club in Nha Trang
Wir nähern uns Weihnachten und damit der südlichen Zentralküste. Wir stoppen für ein paar Tage in Nha Trang, dem ehemaligen Strandparadies amerikanischer GI’s.  Der Strand ist schön, die Promenade von Kokosnusspalmen gesät (angeblich sterben in Vietnam mehr Menschen durch herunterfallende Kokosnüsse als durch einen Motorbike-Crash) und die Stadt wirkt durch ihre unzähligen Beach-Shops und westliche Restaurants sehr touristisch. Zumindest so lange man sich auf den Touri-Staßen aufhält. 

Nach unserem Friseurbesuch
Nha Trang lockt viele Aussteiger. Viele englische Muttersprachler lehren an der Uni. Etwa 15.000 Studenten besuchen dort die Hochschule. Die Wohlhabenderen schicken ihre Kids aber lieber nach Hanoi oder Saigon – wie Ho Chi Minh City von den Südvietnamesen fast nur genannt wird. Um sechs Uhr in der Früh geht’s los. Mittags dann drei Stunden Pause - dann wird gegessen und geschlafen - danach wird bis in die Abendstunden gepaukt. Die lehrenden Aussiedler arbeiten dreimal wöchentlich und verdienen bei zwölf Stunden Unterricht mehr als jeder Durchschnittsvietnamese (etwa 50 USD). Englisch boomt. Denn Vietnams Wirtschaft geht seit den letzten Jahren steil bergauf. Englisch entwickelt sich also zu einem wichtigen Gut.

26 Prozent der Bevölkerung ist unter 15 Jahre, gerade einmal sechs Prozent über 65 Jahre. Vietnams Durchschnittsalter liegt bei etwa 27 Jahre; die Deutschen sind knapp 44 Jahre alt. Das spiegelt sich jeden Tag auf den Straßen wider. Überall sind Kinder, jüngere, ältere. Sie hocken auf dem Boden, spielen oder beobachten die Straße vor ihnen. Und dann winken sie den wenigen Andersaussehenden zu. Wie uns.
Fast jede Frau hält ein Kind im Arm oder an der Hand. Auf ihren Motorbikes klemmen sie die Kleinen zwischen sich. Bevor die Kids aber Motorbike lernen, sind sie mindestens schon einmal Fahrrad gefahren. Autos sind meistens Taxis oder große Toyota-Geländewagen (Besitzer sind fragwürdig, entweder Parteiangehörige oder  anders zu Geld gekommen).
In Vietnam zählen Zweiräder. Ohne Mundschutz fahren allerdings nur wenige Vietnamesen. Die Luft ist schmutzig. Zu viele ungefilterte Abgase. Für uns ist es schwer zu atmen. Es ist unangenehm – oder vor allem ungewohnt. Um die Umwelt wird sich wenig geschert. Müll wandert ganz selbstverständlich auf die Straße oder hinters Haus. Viele Strände sind ziemlich verdreckt. Oft werden Abwasser direkt ins Meer geleitet – zehn Meter entfernt von einem Strandresort. So wie in Mui Ne, unserer weiteren Station und unserer Bleibe über Weihnachten.
Der liegende Buddha in Nha Trang






 
Mui Ne - (russisches) Kitesurf-Paradies
Fischer in den frühen Morgenstunden

unser Privatstrand
ein altes Fischerdorf

rote Sanddünen in Mui Ne

Wir hatten uns auf ein beschauliches Mui Ne eingestellt. Ein paar Kitesurfer und mehr nicht. Aber es kam anders… Willkommen im russischen Strandparadies. Überall Kyrillisch. Und natürlich überall Russen. Schön, dass man uns gleich immer auf Russisch anspricht. Mui Ne sprießt nur so von Resortanlagen – aber auch kleinere Hotels am Strand bieten Privatstrände zu sehr erschwinglichen Preisen. Also haben wir uns einen Bungalow gegönnt: Tür auf, zehn Meter (ungelogen) laufen und beide Füße im Meersand haben. Weihnachten bei 30 Grad. Wenn wir es nicht am Datum sehen würden, hätten wir es wohl vergessen. Weihnachtsstimmung haben wir nicht. Aber das muss es ja auch nicht. Denn alle Jahre wieder…

Weihnachten am Strand

Sonntag, 19. Dezember 2010

Vietnam: von Hanoi bis Hoi An


Mit dem Nachtbus geht es auf nach Hanoi, Vietnams Hauptstadt. Mein erstes Mal in einem Sleeping Bus und dann so luxuriös: eigener Steward, eigenes geräumiges Bett samt Decke und Kissen. Den Spaß gibt es für gerade einmal 38 Euro. An der Grenze HK-China muss Andrea erstmal stramm stehen: Verbotene Früchte ins sozialistische Land schleusen ist streng untersagt. Eine Unterschrift unter irgendwas Chinesisches, dann dürfen wir weiter. Und ich habe meine Surf’n’Dive Tüte einfach nicht aufs Band gelegt und bin mit meiner Nashi Birne und Banane in China eingereist… Auweia! In Nanning, Südchina, habe ich sie mir schmecken lassen.
Es hupt überall. Zu viele Menschen, zu kleine Straßen und einfach zu viele Eindrücke.Willkommen in Hanoi.Ich habe noch nie so viele Mopeds auf einmal gesehen! Wenn es doch nur Mopeds wären… Es sind Transportmittel für so ziemlich alles: ein ganzer Vorgarten voller Blumen, ganze Kisten mit Hühnern, Klamotten, Ersatzteile…Vietnamesen kutschieren alles auf ihren Drahteseln. Und die anderen nehmen gleich ihr Fahrrad und mischen sich unter die hupenden Dinger. Die Straßenseite wechseln sollte sich etwas schwieriger gestalten. Ampeln? Fehlanzeige! Die paar wenigen dienen höchstens zur Straßenverschönerung. Okay, nach einem Tag gewusst wie: einfach laufen, nicht stoppen und nicht gucken und sich dann freuen, überlebt zu haben.

Hanois kleine Häuser und Gassen erinnern noch ganz an den französischen Kolonialstil. Einige wurden im Vietnamkrieg zerstört - Seelen und das alte Erbe. Alle Überbleibsel versprühen dennoch einen Charme einer chaotischen, aber liebenswürdigen Stadt. Ein junger Vietnamese erzählt von Hanoi und sich. Er spricht fließend Deutsch. Er ist in Deutschland aufgewachsen, nach 15 Jahren musste er dann zurück nach Vietnam. So wollte es Deutschland. Jetzt wohnt er mit seiner Mutter in Hanoi, hat wenige Freunde und verkauft Postkarten rund um den See. Er spricht Deutsch und Englisch und verkauft Postkarten. Mehr nicht. Jobs sind schwierig. In der Touristikbranche zahlen sie schlecht. Also verkauft er weiter Postkarten, die kaum ein Tourist haben möchte. „Was nervt euch am meisten an Hanoi? Die vielen Straßenverkäufer, die euch was andrehen wollen?", fragt er. Nein, es nerven nicht alle, nein, das tun sie nicht.
In Hanoi gibt es alles auf der Straße. Auch das Essen. Die traditionelle Pho, eine Nudelsuppe mit frischem Gemüse und ggf. Tofu oder Fleisch, gibt es bei vielen Straßenständen. Und diese Stände werden vorwiegend von Frauen betreut, die mit ihrem Töpfen und den Zutaten in die Stadt kommen, sich irgendwo am Straßenrand hinsetzen, köcheln und kleine Plastikstühle auspacken. Gegessen wird für 10.000 bis 20.000 Dong, also 50-80 Cent. Und es ist köstlich!!! Alles frisch. Wie würzen die nur?


Vietnams Norden ist bekannt für seine Halong Bucht. Eine zweitägige Tour kostet  uns 30 Euro. Dafür gibt es ein Boot mit eigenem Guide, ein netter Vietnamese, der zwar nur gebrochenes Englisch spricht, aber sich größte Mühe gibt, und eine eigene Crew. Wir sind fünf Mädels: Die drei German Girls, Ciara, unsere mitreisende Irin und Shirell, die Neue aus Israel. Ein Boot für uns allein. Tolles Seafood, Garnelen, Tintenfisch, Muscheln… Ich liebe das Essen hier. In der Bucht probieren wir uns im Kajaken und haben kleine Höhlen erkundet. Diese Landschaft ist einzigartig. Diese Felsen versprühen eine Mystik – vor allem wenn die Sonne nicht richtig will und sich ein leichter Nebel um sie hüllt. Natürlich stimmen wir ab, dass es das 8. Weltwunder werden soll.




Wir verlassen den Norden und fahren Nachtbus nach Hue und Hoi An. Hue ist nicht besonders schön, besitzt aber eine großartige Tempelstadt, auch wenn die Nachwehen des Vietnamkrieges auch hier zu sichtbar sind.



Wir mieten uns ein Fahrrad und fahren zum Strand. 15 Kilometer auf knallharten Satteln. Unsere Hotelbesitzerin rät ab, aber wir wollen Rad fahren. Die richtige Entscheidung! Wir verlassen das Zentrum und fahren nur geradeaus, vorbei an Häusern, überqueren Brücken und verfolgen das vietnamesische Leben. Kinder überall, sie schreien, lachen und winken. „Hello“, ich winke zurück. Ich lache. Ich liebe diese Kinder, so niedlich und offen gegenüber Fremden. Gut, wir sind auch die einzigen Touris weit und breit. Gegen 17 Uhr ist Schulschluss. Alle sehen sie gleich aus in ihren Schuluniformen. Die Jungs in hellblauem Hemd und dunkelblauer Hose. Die Mädchen tragen ähnliche Farben, aber Röcke. Eltern fahren mit ihren Motorbikes vor die Schule, packen ihre Kleinen aufs Bike. Die größeren fahren alleine mit ihren viel zu großen Fahrrädern nach Hause, einer vorn, einer hinten, manchmal auch zwei hinten drauf.



In Hoi An winkt uns ein anderes Vietnam. Hier hat anscheinend kein Krieg Schaden anrichten können. Hoi An ist wohl das alte Vietnam – vor 200 Jahren sah es ähnlich aus. Kleine Häuschen, schmale Gassen, bunt leuchtende Lampions und der Duft von Räucherstäbchen versprühen eine indochinesische Hippie-Atmosphäre. Hier läuft alles etwas langsamer. Motorbikes sind zu bestimmten Zeiten verboten, die kleine Altstadt ist schließlich UNESCO-Kulturerbe. Hoi An wirkt wie eine Spielzeugstadt. Ab neun Uhr abends schließen dann so langsam die Läden. Es wird ruhig.



Bekannt ist Hoi An auch vor allem durch seine Kunsthandwerke und maßgeschneiderte Kleidung. Unzählige Läden locken mit farbenprächtigen Kleidern, Lederschuhen und Anzügen. Ein Paradies für uns Mädels.  Abr auch die Herren kommen und gehen mit vollen Tüten. Eine Gruppe junger Aussies schickt erstmal  haufenweise Päckchen nach Hause. Und ich habe mir ein Kleid maßschneidern lassen. 15 Euro. Seide. Wenn wir schon einmal dabei sind, einmal meine Maße bitte für eine Bluse und Hose. Mehr ist leider nicht drin. Habe keinen Platz und kein Geld. Aber man soll’s ja auch nicht übertreiben.